Gartenpoesie

Frühling

Nun ist er endlich kommen doch

In grünem Knospenschuh;

"Er kam, er kam ja immer noch",

Die Bäume nicken sich´s zu.

Sie konnten ihn alle erwarten kaum, Nun treiben sie Schuss auf Schuss; Im Garten der alte Apfelbaum, Er sträubt sich, aber er muss.

Wohl zögert auch das alte Herz

Und atmet noch nicht frei,

Es bangt und sorgt: "Es ist erst März,

Und März ist noch nicht Mai".

O, schüttle ab den schweren Traum Und die lange Winterruh, Es wagt es der alte Apfelbaum

Herze, wag´s auch du.

Theodor Fontane

Fülle

Genug ist nicht genug! Gepriesen werde Der Herbst! Kein Ast, der seiner Frucht entbehrte! Tief beugt sich mancher allzu reich beschwerte, Der Apfel fällt mit dumpfem Laut zur Erde.

Genug ist nicht genug! Es lacht im Laube! Die sanft´ge Pfirsche winken dem durst´gen Munde!
Die trunkenen Wespen summen in die Runde: "Genug ist nicht genug!" um eine Traube.


Genug ist nicht genug! Mit vollen Zügen Schlürft Dichtergeist am Borne des Genusses, Das Herz, auch es badarf des Überflusses, Genug kann nie und nimmermehr genügen!

Conrad Ferdinand Meyer

Herbstbild

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah! Die Luft ist still, als atmet man kaum, Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.


O stört sie nicht, die Feier der Natur! Dies ist die Lese die sie selber hält, Denn heute löst sich von den Zweigen nur, Was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.

Friedrich Hebbel

Spätherbst

Schon mischt sich Rot in der Blätter Grün, Resende und Astern sind im Verblühn, Die Trauben geschnitten, der Hafer gemäht, Der Herbst ist da, das Jahr wird spät.

Und doch, ob Herbst auch, die Sonne glüht,- Weg drum mit der Schwermut auf deinem Gemüt!
Banne die Sorge, genieße, was frommt, Eh Stille, Schnee und Winter kommt.


Theodor Fontane

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